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Thüringen: Hartz-IV-Empfängerin lässt Haus reparieren – Jobcenter eskaliert

Eine Thüringerin bekam Stress mit dem Jobcenter, weil sie ihr leckendes Dach reparieren ließ. Der Fall eskalierte bis vor das höchste Gericht.

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© IMAGO/Michael Gstettenbauer

Das ist das neue Bürgergeld

Nach der Einigung im Vermittlungsausschuss haben Bundestag und Bundesrat die Einführung des Bürgergelds beschlossen. Damit kann die neue Grundsicherung für Langzeitarbeitslose wie geplant zum 1. Januar in Kraft treten.

Wer auf Sozialhilfen wie Bürgergeld (ehemals Hartz IV) angewiesen ist, muss oft den letzten Pfennig zwei Mal umdrehen, um irgendwie über die Runden zu kommen. In Thüringen ist das nicht anders als sonst wo in Deutschland. Wenn dann noch eine dringende Reparatur dazwischenkommt, gleicht das für Betroffene oft einem Tiefschlag. Das Jobcenter hilft zwar meistens aus, dennoch sind solche Vorfälle für Empfänger oft mit viel Stress verbunden.

An sich sollte es also kein Problem sein, wenn Verwandte mit einer kleinen Geldspritze bei der Reparatur helfen, oder? Bei einer Thüringerin grätschte aber das Jobcenter dazwischen – und hörte plötzlich auf zu zahlen. Immerhin nahm die Geschichte für die Frau noch eine glimpfliche Wendung. Dennoch eskalierte das Ganze vor Gericht – und ging sogar bis an die oberste Instanz.

Thüringen: Dach bereitet plötzlich Probleme

Der Vorfall liegt dabei ein paar Jahre in der Vergangenheit und ereignete sich 2017. Die Thüringerin war damals auf Hartz IV  angewiesen, wohnte gleichzeitig aber in einem Eigenheim. Obendrauf waren wellige Asbestplatten montiert – und die bereiteten der Frau plötzlich Probleme. An verschiedenen Stellen wurden sie undicht und Wasser drang in das Haus. In ihrer Not bekam die Thüringerin 7.130 Euro von ihrer Mutter, um die Rechnung für eine Dachsanierung zu bezahlen. Das Dach wurde anschließend mit dem Geld in schlichter Ausführung neu eingedeckt.

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Im Jobcenter hob man allerdings die Augenbrauen und wunderte sich, dass die Frau offenbar genug Geld für die Dachreparatur hatte. Die Behörde meinte: Die Thüringerin sei offenbar nicht mehr hilfsbedürftig und hob weitere Zahlungen ganz auf. Später ruderte das Jobcenter ein wenig zurück und gewährte immerhin Leistungen als Darlehen.

Thüringen: Streit eskaliert vor Gericht

Der Thüringerin ging das gehörigen gegen den Strich und sie verklagte die Behörde. Der Rechtsstreit zog sich dabei über mehrere Jahre hinweg und landete schließlich sogar vor dem Bundessozialgericht (BSG). Was die Richter hier entschieden, könnte es sogar anderen Bürgergeld-Empfängern leichter machen, im Eigenheim zu bleiben. Das BSG entschied: Wenn Verwandte einspringen, um dringende Reparaturen zu finanzieren, darf das Jobcenter dieses Geld nicht ohne Weiteres als Einkommen anrechnen. Entscheidend ist danach, ob sich durch das Geldgeschenk die finanzielle Lage der Hilfebedürftigen verbessert. Wenn du nach der Sanierung also genauso arm bist, wie zuvor, steht dir nach wie vor Bürgergeld zu.


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Laut dem Gericht habe das Dach für die Thüringerin zu einem „unabweisbaren Unterkunftsbedarf“ geführt. Deswegen hätte theoretisch sogar das Jobcenter für die Kosten aufkommen müssen. Die anschließende Finanzspritze von der Mutter ist aus Sicht der Richter jedenfalls nicht als anrechenbares Einkommen zu rechnen. (mit AFP)