Jena.
Es darf wieder getanzt werden. Der berühmte Swing-Musiker Andrej Hermlin und die „Swingin‘ Hermlins“ versetzen Jena in die 1930er Jahre zurück.
Doch die Konzertbesucher erleben in Jena nicht nur eine Zeitreise, sondern auch eine Gefühlsachterbahn. Die Musiker spielen seit mehreren Wochen für Frieden in der Ukraine.
Jena bekommt „Extra-Attraktion“
Seit über 30 Jahren ist Andrej Hermlin (57) einer der berühmtesten Swing-Musiker in Deutschland. Gemeinsam mit seinem Swing Dance Ochestra brachte er die Gute-Laune-Musik der 1930er Jahre schon einige Male nach Jena.
Und bekanntlich fällt der Apfel ja nicht weit vom Stamm! Auch seine Tochter Rachel (18) und Sohn David (21) stehen seit mehreren Jahren mit Andrej auf der Bühne. „Zuerst waren wir quasi die Extra-Attraktion“, witzelt Schlagzeuger David. „Mittlerweile sind wir aber fester Bestandteil der Gruppe.“
Jena: HIER kannst du die Wohnzimmer-Konzerte live erleben
Corona drang die Swing-Musiker zur Zwangspause. Doch für die Familie war klar, sie kann nicht ruhigbleiben. Seit Tag eins des Lockdowns veranstalteten sie Wohnzimmer-Konzerte und streamten diese über soziale Netzwerke. „Seit dem 15. März 2020 spielen wir jeden Abend um 19 Uhr“, erzählt David im Gespräch mit Thüringen24. Am Sonntagabend wird das 750. Konzert übertragen.
„Wir haben es geschafft, nicht traurig zu werden und mit unserer Musik viele Menschen in der schweren Zeit zu motivieren“, so Rachel. „Wir werden auch noch weitermachen, bis die Normalität wieder ganz zurück ist.“
+++ Jena macht auf Kriegs-Ängste der Ukraine-Flüchtlinge aufmerksam +++
Neben den Wohnzimmer-Konzerten riefen sie auch eine neue Swing-Band ins Leben: Die „Swingin‘ Hermlins“. Natürlich mit Papa Andrej. „Es gibt das ‚Swing Dance Orchestra‘ zwar noch, aber es pausiert eben“, erklärt Frontsängerin Rachel. „Die Band hat neue Musiker und ist viel kleiner. Dadurch werden die Auftritte aber noch viel lebendiger.“
Volkshaus Jena wird zur Swing-Kneipe
Und davon kannst du dir selbst ein Bild machen. Denn am 1. Mai will die Band das Volkshaus Jena in eine echte Swing-Kneipe aus den 1930er Jahren verwandeln. Die Musiker spielen nicht nur auf alten Instrumenten, auch ihre Kleidung und Frisuren sind auf das Swing-Zeitalter angepasst. „Außerdem verzichten wir auf zusätzliche Verstärkung, genau wie früher“, betont Schlagzeuger David.
Doch die elfköpfige Band steht vor einer neuen Herausforderung: Der Ukraine-Krieg. „Unser Geiger kommt aus der Ukraine. Seine Familie lebte zum Zeitpunkt des Kriegs-Ausbruchs auch noch vor Ort“, berichtet Rachel. Der Bruder sei wehrpflichtig und dürfe nicht ausreisen.
Dem Geiger war lange Zeit nicht nach Auftritten zumute und wollte die Band verlassen. „Doch unser Vater hat ihn motiviert weiter zu machen. Denn in solchen Krisen hilft es, Musik und dadurch eine Stimme zu haben.“
Jena: Musiker setzen Zeichen gegen Krieg
Das Besondere daran: Andrejs Mutter ist in Russland geboren. Viele Verwandte der Familie leben noch in dem Land. „Es ist erschreckend, welche Einstellung und Gedanken sie zu dem Krieg haben“, so die Frontsängerin.
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Doch die „Swingin‘ Hermlins“ setzen ein klares Zeichen gegen Putins Krieg. Auf ihren Konzerten spielen sie Anti-Kriegs-Songs und sammeln Spenden für Ukrainer, die ihr Heimatland nicht verlassen können. „Solange die Zukunft ungewiss ist, werden wir für gute Laune sorgen, wenn die Leute sie brauchen“, versprechen die musikalischen Geschwister.
Sie freuen sich darauf, endlich wieder in Jena zu spielen und auch Menschen in ihren Bann zu ziehen, die bisher wenig mit Swing anfangen können. Denn laut den Geschwistern ist das Besondere an dieser Musikrichtung, dass jeder sie hören und lieben kann. (mbe)