Im Elisabeth Klinikum in Schmalkalden schließt zum 1. Juli die Entbindungstation. Die vier Hebammen kapitulieren vor hohen Kosten für die Haftpflichtversicherung, Dauerbelastung und geringer Bezahlung.
Im Elisabeth Klinikum in Schmalkalden werden von Freitag an keine Kinder mehr geboren. Die Entbindungsstation muss schließen, weil die vier für das Krankenhaus tätigen Hebammen zum Ende Juni ihre Verträge gekündigt hatten. Horrende Haftpflichtversicherungsprämien, geringe Vergütungssätze und Dauerbereitschaftsdienste brächten viele Hebammen an ihre Grenzen, hieß es aus der Klinik.
„Leider müssen wir davon ausgehen, dass es in der nächsten Zeit auch nicht mehr Hebammen auf dem Berufsmarkt gibt“, sagte Geschäftsführer Robert Koch auf Anfrage. Das Klinikum hatte vergeblich Stellenanzeigen veröffentlicht, Hebammen aus der Region angesprochen, Kontakt zu allen Hebammenschulen der näheren Umgebung aufgenommen und sogar Headhunter eingeschaltet.
Weitere Wege für Schwangere
Für die Schwangeren bedeute dies weitere Wege zu den Kreißsälen in Meiningen, Suhl oder Friedrichroda, sagte eine Sprecherin. Die Station hat sich zudem seit langer Zeit schon nicht mehr selbst getragen. 2015 gab es dort nach eigenen Angaben rund 270 Geburten – doppelt so viele wären nötig gewesen, um die Vorhaltekosten für Ärzte, Hebammen und Pflegekräfte zu tragen. Der Fachbereich Frauenheilkunde und Gynäkologie bleibe jedoch erhalten und solle sogar ausgebaut werden. Geplant seien Kooperationen mit dem Universitätsklinikum Jena.
Für den Deutschen Hebammenverband ist Schmalkalden kein Einzelbeispiel. In jüngerer Vergangenheit mussten deutschlandweit Geburtsstationen schließen, weil sie angeblich nicht rentabel gewesen seien oder es nicht genügend Hebammen gab, die eine gute Versorgung der Wöchnerinnen und Neugeborenen sicherstellen konnten. Etwa 98 Prozent der Frauen in Deutschland entbinden in der Klinik, sagte Präsidiumsmitglied Susanne Steppat. Jede Frau solle dabei von einer Hebamme betreut werden. Tatsächlich betreue eine Hebamme oft zwei, wenn nicht sogar drei oder vier Frauen im Kreißsaal. Das sei nicht nur unbefriedigend für die Gebärende, sondern auch für die Hebamme. Das Risiko für Mutter und Kind wachse.
Große Versorgungsengpässe mit freiberuflichen Beleghebammen
Schon jetzt gebe große Versorgungsengpässe mit freiberuflichen Beleghebammen in Kliniken, in Geburtshäusern und bei Hausgeburten. In großen Städten wie Hamburg, aber auch auf dem Land, fehlten zudem Hebammen, die sich auf Schwangerenvorsorge oder Wochenbettbetreuung spezialisierten. Sie arbeiteten oftmals Teilzeit. Der Hebammenverband moniert zudem, dass es keine verlässlichen Zahlen gibt, wie viele Hebammen tatsächlich in der Geburtshilfe gebraucht würden. Laut Steppat gibt es in Deutschland zu wenige Ausbildungsplätze für Hebammen. An den 54 Hebammenschulen würden jährlich lediglich etwa 500 Hebammen ausgebildet.
Stetig steigenden Haftpflichtprämien
Viele Hebammen würden durch die stetig steigenden Haftpflichtprämien aufgeben. Der nach langem Streit ausgehandelte höhere Ausgleich für freiberufliche Hebammen mit Geburtshilfe reiche bei weitem nicht aus. Am 1. Juli steige die Versicherungsprämie von derzeit 6274 auf 6843 Euro pro Jahr, 2017 dann auf 7639 Euro. Der Hebammenverband pocht deshalb auf eine grundsätzliche Lösung.
„Wir brauchen einen Haftungsfonds im Gesundheitswesen für alle – Hebammen, Ärzte und auch Pfleger. Wir müssen weg von der Individualhaftung hin zu einem staatlichen Fonds. Das wäre ein Systemwechsel und ein großer Wurf“, sagte Steppat. „Das muss man sich auch trauen“, wandte sie sich an Politik und Krankenkassen. Der Sicherstellungszuschlag sollte nur eine Übergangslösung sein.