Trotz Leukämie – Ulrike Drasdo opfert sich für andere auf
Ulrike Drasdo hat Leukämie im Endstadium. Sich aufgeben kommt für sie aber nicht infrage. Im Gegenteil: Mit ihrer Energie und Lebenskraft engagiert sich die Künstlerin von Thüringen bis Nepal und spendet dabei weit mehr als nur Geld.
Die Welt ist schön. Sie ist bunt für Ulrike Drasdo. Farbige Wollfäden sind ihre Welt, vor allem, wenn sie daraus etwas weben kann. Ein Teppich, ein Wandbild, ein Deckchen. Der alte Kater Maunz hat seinen Namen nicht von ungefähr: Wenn er nicht gerade auf dem Bauch der 65-Jährigen liegen kann, tut er nichts anderes als zu maunzen. Seit 16 Jahren schon. Als scheine er zu spüren, welche Schmerzen Ulrike Drasdo hat, spendet er Trost mit seinem tiefen Schnurren und seiner Wärme. Die freischaffende Textilkünstlerin aus Legefeld hat Leukämie im Endstadium. Das aber verleitet sie noch lange nicht dazu, ans Aufgeben zu denken.
50.000 Euro, aber nur für die Hilfebedürftigen
„Solange ich etwas tue, bin ich am Leben.“ Und vermutlich wäre sie das in der Tat nicht mehr, wenn sie nicht noch so viel zu erledigen gehabt hätte: So viel Gutes. An die Deutsch-Nepalische Hilfsgemeinschaft (DNH) hat sie, seit sie vor 15 Jahren das erste Mal in Nepal war, rund 50.000 Euro überwiesen. Geld, das sie unter anderem mit ihren Vorträgen über das Land gesammelt hat. „Ich habe ein so armes Land vorher noch nie gesehen.“ Grund genug für Ulrike Drasdo, jeden verdienten Cent zu spenden. Und das, obwohl finanziell für sie als freischaffende Künstlerin nur selten die Sonne schien.
„Besonders die Mädchen haben es schwer!“ Und so startete sie ein Hilfsprojekt in einem Waisenhaus für Mädchen, als sie das zweite Mal das Land besuchte. „Ich wurde gefragt, weil ich doch mal als Physiotherapeutin gearbeitet habe, ob ich das nicht auch dort machen könnte. Weil ich aber nur kurz in dem Beruf war, hatte ich zu wenig Erfahrung damit. Aber Teppiche weben, das kann ich.“ Und so finanzierte sie die Webrahmen gleich mit. „Ich habe allerdings nicht bedacht, dass dort in Inch und nicht in Zentimetern gemessen wird, als ich sie bestellt habe“. Die Webrahmen seien angefertigt worden, aber viel größer als geplant. Deutlich mehr Wolle wurde gebraucht. Und weil sie nicht recht an reine Zufälle glauben will, war nur ein paar Straßen weiter ein Wollgroßhandel. Säckeweise im Taxi ließ sie das Arbeitsmaterial anliefern.
Reiten lernen trotz Leukämie
2013 war sie das letzte Mal dort, da wusste sie bereits von ihrer Erkrankung. „Ich habe mich darauf eingestellt, dass sich bald sterben muss.“ Trotz des Abratens ihrer Ärzte flog sie nach Nepal. „Zu dieser Zeit konnte ich fast nicht laufen“, aber sie habe unbedingt dorthin gewollt. „Hatte noch etwas zu erledigen.“
Sie wurde erwartet, von all jenen, denen sie jedes Mal ein Stück Hoffnung mitgebracht hat. „Ich habe überlegt, wie ich das schaffen kann, und dachte, dass es auf einem Pferd gehen müsste.“ Und so lernte sie in Hohenfelden noch reiten. „In Nepal bin ich direkt aus dem Flugzeug auf ein Pferd umgestiegen.“
Jedes Mal, wenn sie das Wort „Nepal“ ausspricht, beginnen ihre Augen noch einmal zu leuchten, als wäre sie ein 13-Jähriges Mädchen mit unbändiger Energie. Sie berührt einen jener Steine von dort, die auf ihrem Tisch liegen. Ein Film scheint vor ihrem geistigen Auge abzulaufen, holt noch einmal die Bilder zurück.
„Ich bin so dankbar, ich hatte so ein erfülltes Leben, durfte selbst soviel erleben.“ Und als sei ihr Engagement für die Mädchen in dem armen Land nicht schon genug, gibt sie auch hier noch Kurse für geflüchtete Frauen bei sich zu Hause, lässt sie seit mehr als einem Jahr jeden Freitag an ihren Webstühlen arbeiten.
Wenn Ulrike Drasdo geht, wird sie eine Lücke hinterlassen, für die es wohl viele Menschen braucht, um sie wieder zu füllen. Bis dahin sammelt sie weiter Geld, will noch ein paar Vorträge halten.
Sonntag, 15. Januar, 14 Uhr: zwei Nepalische Gerichte werden gekocht dazu „Verbotenes Königreich Mustang – Himalaja“ Sonnenhof Hohenfelden, Am Katzenberg