Brauchtum, Handwerke, künstlerische Ausrucksformen: Deutschland ist reich davon. Drei Thüringer Traditionen wurden jetzt mit 31 weiteren in die Liste des immateriellen Kulturerbes Deutschlands aufgenommen.
Der Eisenacher Sommergewinn, eines der größten und ältesten Frühlingsfeste Deutschlands, gehört zum immateriellen Kulturerbe in Deutschland. Auch die Heiligenstädter Palmsonntagsprozession und das Altenburger Skatspiel seien mit 31 weiteren Traditionen und Wissenformen neu in das bundesweite Verzeichnis aufgenommen worden, teilte die Deutsche Unesco-Kommission am Freitag in Bonn mit. Die Deutschlandliste umfasst mittlerweile 68 Einträge.
Verbindung heidnischer und christlicher Bräuche
Der Sommergewinn wird vermutlich seit dem 13. Jahrhundert gefeiert. Es verbindet heidnische und christliche Bräuche. Höhepunkt ist das jährliche Streitgespräch zwischen Frau Sunna und dem greisen Herrn Winter, der nach seiner Niederlage als Strohpuppe verbrannt wird. In diesem Jahr verfolgten 45.000 Schaulustige das Spektakel. Zunftmeister Torsten Daut sagte: „Der Eintrag ist eine Anerkennung für unsere Arbeit und alle, die seit Jahrzehnten diesen Brauch am Leben erhalten haben.“
Die 160 Vereinsmitglieder der Sommergewinnszunft und die 25 Mitglieder des Fördervereins bereiteten bereits seit 1. November das Fest im kommenden Frühjahr vor. Es stehe unter dem Motto „500 Jahre Reformation in Luthers „lieber Stadt““. „Dazu werden neun Wagen ausschließlich zur Eisenacher Zeit von Martin Luther (1483-1546) vorbereitet.“
Luther war Lateinschüler in Eisenach, predigte nach dem Wormser Reichsstag in der Georgenkirche und übersetzte auf der Wartburg inkognito das Neue Testament ins Deutsche. Bereits gefertigt werden die etwa 400.000 Papierblüten, mit denen Umzugswagen, Bäume und Häuser geschmückt werden. Zwischen 70.000 und 90.000 Euro müssen nach Angaben des Zunftmeisters allein für den Festumzug aufgebracht werden. Dies seit nur möglich mit Unterstützung von Stadt, Verkauf sowie vielen kleinen und größeren Sponsorenbeiträgen.
Der Thüringer Kulturminister Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) sagte: „Tradition und Brauchtum sind ein wichtiger Bestandteil unseres kulturellen Erbes. Über Generationen hinweg sind sie unverzichtbar für unserer Identitätsfindung“. Die drei Thüringer Einträge seien Ausdruck von Kreativität und Erfindergeist.
Neu auf der bundesweiten Liste stehen etwa die ostfriesische Teekultur, das Hebammenwesen, die Porzellanmalerei oder die regionale Vielfalt der Mundarttheater. Die Blaudruck-Technik ist nach Angaben der Deutschen Unesco-Kommission gemeinsam mit Österreich, Ungarn, der Slowakei und der Tschechischen Republik 2017 für die internationale Unesco-Liste des immateriellen Kulturerbes nominiert worden.