- Präsident des Thüringer Landesamtes für Statistik wehrt sich gegen Kritik an Bevölkerungsprognose.
- 2030 werden nur noch 1,95 Millionen Menschen in Thüringen leben.
Nach der Kritik von Landräten an den Prognosen zur Entwicklung der Bevölkerungszahl in Thüringen hat das Statistische Landesamt seine Berechnungen verteidigt. Er habe keinerlei Verständnis dafür, wenn Kommunalpolitiker „ein knallhartes Rechenmodell“ anzweifelten, sagte der Präsident des Landesamts, Günter Krombholz, der Deutschen Presse-Agentur. Die Berechnungen seien „kein Hexenwerk“. „Aber wenn jemand das natürlich nicht verstehen will, dann habe ich ein Problem“, sagte Krombholz.
Statistik: 2030 nur noch 1,95 Millionen Einwohner in Thüringen
Zuletzt hatte etwa die Präsidentin des Thüringischen Landkreistages, Martina Schweinsburg (CDU), angezweifelt, dass die Prognose des Landesamtes zutreffend sei. Sie bezeichnete die Hochrechnung als „Blick in die demografische Kristallkugel“. Auch andere Kommunalpolitiker argumentierten mit Blick auf die Flüchtlingszahlen, es passe nicht zu der Vorausberechnung, dass vielerorts im Land wieder mehr Kindergärten und Schulen neu gebaut werden müssten.
Thüringen hat derzeit etwa 2,17 Millionen Einwohner. Nach der Prognose des Landesamtes werden 2030 nur noch etwa 1,95 Millionen Menschen im Freistaat leben, fünf Jahre später nur noch etwa 1,88 Millionen Menschen. 2015 wurden so viele Kinder wie seit 1990 nicht mehr geboren. 17.934 Kinder erblickten das Licht der Welt.
Um 2035 werden viele Babyboomer sterben
Nach Angaben von Krombholz ändert die Tatsache, dass hier und da wieder mehr Kinder als in den vergangenen Jahren zur Welt kommen, nichts an der erwarteten Bevölkerungsentwicklung. Ebenso verhalte es sich mit der seit Mitte 2015 hohen Zahl von Flüchtlingen. In der Vorausberechnung seien bereits ein Anstieg der Geburtenrate und der Zuzug von Ausländern einberechnet.
„Der entscheidende Punkt ist die Altersstruktur der Thüringer“, sagte er. Um das Jahr 2035 herum würden viele sogenannten Babyboomer sterben. Sie gehören zur Generation, die nach 1950 geboren wurden. Zudem sei nach der Wende eine halbe Müttergeneration aus Thüringen abgewandert. Diese Frauen fehlten ebenso als Einwohner wie als Mütter von Kindern. Deshalb werde es in Thüringen um das Jahr 2035 herum einen so massiven Sterbeüberschuss geben. „Da nützen mir 100 Geburten mehr in einer Stadt überhaupt nichts“, stellte Krombholz klar.
Zurückgehende Bevölkerungszahl ist Hauptargument für Gebietsreform
Zudem verwies Krombholz darauf, dass nicht nur die Thüringer Statistiker von einer in Zukunft deutlich sinkenden Einwohnerzahl im Freistaat ausgingen, sondern auch das Statistische Bundesamt und die Bertelsmann-Stiftung. Sie hätten jeweils eigene Prognosen erstellt, deren Ergebnisse aber sehr dicht beieinander lägen. Für 2030 rechne die Stiftung für Thüringen mit 1,955 Millionen Einwohner, das Bundesamt mit 1,943 Millionen Thüringern. „Wenn unsere Zahl angezweifelt wird, zweifelt man also eigentlich gleich drei Studien an“, gab der Präsident zu bedenken.
Die zurückgehende Bevölkerungszahl in Thüringen ist das Hauptargument von Linke, SPD und Grünen für die geplante Verwaltungs-, Funktional- und Gebietsreform. Deren Befürworter argumentieren, wenn es weniger Thüringer gebe, müssten sich auch die Strukturen und die Verwaltungen mitändern. Kritiker der Reform halten aber regelmäßig dagegen, dass es sei zu kurz gedacht sei, nur auf Einwohnerzahlen und Gebietsgrößen zu schauen, ohne zu prüfen, wie leistungsfähig die vorhandenen Verwaltungen und Strukturen seien.