- Prostituiertenschutzgesetzes im Juli 2016 vom Bundestag verabschiedet
- Thüringen will Gesetz mit Rechtsverordnung umsetzen
- Landesregierung: Gefahr einer Stigmatisierung von Prostituierten
Thüringen will das vom Bund beschlossene Prostituiertenschutzgesetz mit einer zu erarbeitenden Rechtsverordnung umsetzen. Nach Einschätzung der Landesregierung bietet das Gesetz dabei sowohl Chancen als auch Risiken für Menschen, die als Prostituierte arbeiten. Da Prostituierte erhöhten gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt seien, sei es grundsätzlich richtig, dass diese sich nach dem neuen Gesetz gesundheitlich beraten lassen sollten, sagte ein Sprecher des Sozialministeriums der Deutschen Presse-Agentur. Allerdings sei fraglich, ob eine Pflicht zur regelmäßigen Beratung tatsächlich die gewünschten Effekte erzielen werde.
Stigmatisierung von Prostituierten
Aus Sicht der Landesregierung bestehe dadurch die Gefahr einer Stigmatisierung von Prostituierten. Freiwillige und anonyme Beratungsangebote seien dagegen besser geeignet, um das vom Gesetzgeber gewünschte vertrauensvolle Verhältnis zwischen Prostituierten und Beratenden herzustellen, hieß es.
Prostituiertenschutzgesetz
Das Prostituiertenschutzgesetzes war im Juli 2016 vom Bundestag verabschiedet worden. Es tritt in seinen wesentlichen Teilen im Sommer 2017 in Kraft. Gegenwärtig arbeiten nach Angaben des Sprechers mehrere Ministerin in Thüringen an einer Rechtsverordnung, die regeln soll, wie dessen Bestimmungen im Freistaat umgesetzt werden sollen. Beteiligt an der Erarbeitung seien unter anderem das Sozial-, das Innen- und das Wirtschaftsministerium.
Prostituierte müssen sich anmelden
Kritisch sieht das Sozialministerium auch die Bestimmung in dem Gesetz, nach dem sich Prostituierte künftig bei den Behörden anmelden müssen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich viele Betroffene nicht anmelden werden – und zwar aus Angst, dass bekannt werde, dass sie der Prostitution nachgehen, sagte ein Sprecher. Im Ministerium befürchte man deshalb, dass das Gesetz Prostituierte in die Illegalität treiben könnte – etwa, indem sie ihre Dienstleistungen nicht mehr in Bordellen, sondern noch mehr als bislang schon in Privatwohnungen anbieten könnten. Auch in den Führungskreisen der Thüringer Polizei gibt es solche Befürchtungen.
Kontrolle der Bordell-Betreiber
Wer überhaupt ab Sommer die Betreiber von Bordellen in Thüringen kontrollieren und deren Geschäft genehmigen soll, ist nach Angaben des Thüringer Wirtschaftsministeriums derzeit noch offen. „Das wird derzeit geklärt“, sagte ein Sprecher.
Zahl der Prostituierten in Thüringen
Wie viele Prostituierte es in Thüringen gibt und wie viele davon Frauen oder Männer sind, ist wegen der hohen Dunkelziffer nicht abschließend geklärt. Weder Sozialministerium noch Polizei haben konkrete Zahlen. Deutschlandweit schwanken die Schätzungen zwischen 150 000 bis zu mehreren hunderttausend Menschen.
Anteil der Rotlichtkriminalität an Gesamtzahl der Straftaten
Die sogenannte Rotlichtkriminalität macht nach Angaben der Landespolizeidirektion indes nur einen sehr geringen Anteil an der Gesamtzahl der Straftaten im Freistaat aus. Nur etwa 0,01 Prozent der Kriminalität werde diesem Bereich zugeordnet, erklärte ein Sprecher. Straftaten würden nur selten aufgrund von Anzeigen bekannt. Je mehr Sicherheitsbehörden kontrollierten, desto mehr Straftaten würden jedoch auffliegen. Der Schwerpunkt der Prostitution in Thüringen ist entlang der A4 – Erfurt, Jena und Gera, auch Gotha und Eisenach.