Bürger von Themar diskutieren über Rechtsrock-Konzerte in ihrer Stadt
Ministerpräsident Bodo Ramelow verspricht Prüfung der Finanzen und Präzisierung des Versammlungsrechts
Wer in die südthüringische Stadt Themar im Landkreis Hildburghausen hineinfährt, der wird sofort von Plakaten begrüßt. Doch anders als bei vielen anderen Städten, sind hier nicht alle willkommen. Neonazis sind in Themar ausdrücklich unerwünscht.
Rege Diskussion unter Themaranern
Deutlich wird dies auch auf der Bürgerversammlung am Mittwochabend. Vier Stunden diskutierten im Schützenhaus etwa 100 bis 150 Menschen auf Einladung des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) über das vergangene Rechtsrock-Konzert am 15. Juli und die bevorstehende Veranstaltung am kommenden Samstag. Auch Ministerpräsident Bodo Ramelow ist vor Ort, um mit den Bürgern zu diskutieren.
„Wir sind die Antifa“
Wer in Themar die Antifa kritisiert, wie es etwa die CDU-Landtagsabgeordnete Kristin Floßmann mehrfach auf der Veranstaltung tat, wird selbst von älteren Bewohnern Themars ausgebuht. „Ich werde nicht der Antifa hinterherlaufen“, sagte Floßmann etwa. „Spalterin“, hieß es als Antwort aus dem Publikum.
Nein, auf die jungen Leute, die am 15. Juli zusammen mit den Themaranern gegen die etwa 6000 Neonazis demonstrierten, wollen die Anwohner nichts kommen lassen. Applaus bekommt die CDU-Abgeordnete hier nur wenig. Dass beim Gegenprotest die Antifa dabei war, dagegen verwehren sich viele im Publikum. „Wir sind die Antifa“, heißt es von einem Gast im Schützenhaus.
Themar hält gegen Rechte zusammen
„Es ist etwas passiert, was ich nicht für möglich gehalten habe“, sagt eine Bürgerin im Schützenhaus während der vierstündigen Gesprächsrunde am Mittwoch. Die kleine Stadt am Rande des Thüringer Waldes hält zusammen. An der Spitze der Bewegung steht Bürgermeister Hubert Böse (parteilos). Er ruft zum Zusammenhalt gegen die Rechtsradikalen auf und bekommt dafür viel Applaus von den Bürgern seiner Stadt.
Ramelow: Ich will kein Rechtsrock-Konzert mit Steuergeldern finanzieren
Ungewohnt selbstkritisch gibt sich Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow. Vielleicht habe die Politik Versäumnisse gemacht, räumt er ein. Nun hat Ramelow aber das Finanzamt gebeten, die Steuerabrechnung des Konzertes zu überprüfen. „Ich möchte kein Rechtsrock-Konzert auch noch mit Steuergeldern finanzieren. Jeder, der eine Kirmes organisiert, muss höhere Auflagen beachten“, stellt Ramelow klar.
Der Ministerpräsident will außerdem das Versammlungsrecht präzisieren, damit in Zukunft keine kommerziellen Konzerte mehr als politische Versammlungen angemeldet werden können.
Video: Ramelow erklärt, dass er Finanzen von Rechtsrock-Konzert prüfen lässt
Ramelow schlägt Düngung des Ackers vor
Doch neben all der bürokratischen Hürden für die Neonazis, kann sich Ramelow auch eine Düngung des Ackers, auf dem das Konzert stattfinden soll, vorstellen. Der Vorschlag löst beim Publikum Gelächter und Applaus aus, beim Landrat von Hildburghausen, Thomas Müller (CDU), hingegen nur Kopfschütteln. Er hält dies nicht für eine geeignete Art zu protestieren, wie er gegenüber Thüringen24 sagt.
Müller hat vom Anmelder des Konzertes „Rock für Identität“ mitgeteilt bekommen, dass es bisher rund 620 Anmeldungen von Konzertbesuchern gibt. Der Landkreis rechnet aber mit rund 1000 Teilnehmern aus der rechtsextremen Szene.
Landtag beobachtet Konzert
Auf der Gegenseite mobilisiert Bürgermeister Böse seine Bürger. „Ich bin bei meinen Leuten, keine Frage. Ich wünsche mir, dass ganz ganz viele Menschen am Samstag da sind“. Er wird nicht allein sein. Vom Landtag wird es wieder eine parlamentarische Beobachtungsmission geben, verspricht Katharina König-Preuss (Linke). Selbst CDU-Abgeordnete Floßmann will am Samstag nicht fehlen und auf dem Markplatz Gesicht zeigen gegen braunes Gedankengut.