Geiselnahme und Menschenraub: Das sagt das vermeintliche Inszest-Opfer
Hat eine Ärztin einen Rentner und dessen Frau gegen deren Willen festgehalten? Waren falsche Anschuldigungen von deren Tochter der Auslöser? Das versucht das Landgericht Gera herauszufinden.
Im Prozess gegen eine Ärztin wegen Geiselnahme vor dem Landgericht Gera hat am Montag die Tochter der mutmaßlichen Opfer ausgesagt. Die 58-Jährige schilderte, wie sie auf dem Anwesen der Ärztin in Remptendorf (Saale-Orla-Kreis) lebte und wie sie sich an die Vorgänge im Sommer vergangenen Jahres erinnerte. Aus einer harmlosen Aussage ihrerseits über ihren Vater sei über die Zeit der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs erwachsen. „Es sind Bilder in meinem Kopf entstanden“, sagte die Zeugin.
Ärztin jagt Tochter Angst ein
Sie sei auf das Anwesen der promovierten Psychiaterin gezogen, weil sie eine neue Lebensperspektive gesucht habe. Als ihre Eltern sie in Remptendorf besucht hätten, seien dort Gesprächskreise angesetzt worden, in denen sie aufgefordert worden sei, über persönliche Probleme und Schwierigkeiten innerhalb der Familie zu berichten. Dies sei ihr immer unangenehmer geworden und schließlich habe sie Angst vor der Ärztin gehabt, die immer aggressiver geworden sei.
Therapeutin wirft Eltern Inszest vor
Die angeklagte Psychiaterin soll Heiltherapien angeboten haben. Laut Staatsanwaltschaft hatte sie die Eltern der Zeugin wegen mutmaßlicher sexueller Misshandlungen im vergangenen Jahr zwischen Mai und Oktober eingesperrt sowie den Vater beraubt und geschlagen.
Manipulative Fragen
In einem der Kreise will die 58-Jährige darüber berichtet haben, wie ihr Vater sie im Alter von sechs Jahren ins elterliche Schlafzimmer mitgenommen habe, um sie aufzuklären. Die Schilderung dieses an sich harmlosen Gesprächs habe dazu geführt, dass die Angeklagte ihr immer mehr Fragen gestellt habe und sie sich an Orte, Personen und Vorgänge erinnern sollte. „Ich hab in meinem Kopf immer mehr Bilder entwickelt“, sagte die Zeugin. Dies habe dazu geführt, dass sie erzählt habe, was die Ärztin ihrer Auffassung nach habe hören wollen.
Erinnerungen erfunden
So habe sie unter anderem von sexuellem Missbrauch durch ihren Vater berichtet, den dieser begangen haben sollte, als sie vier, sechs und zwölf Jahre alt gewesen sei. „Ich habe sogar von einer solchen Situation erzählt, bei der ich erst ein Jahr war“, erzählte sie vor Gericht. An Geschehenisse aus so einem jungen Alter könne sich doch aber niemand wirklich erinnern. Aus solch falschen Erinnerungen heraus habe sie ihren Vater auch bezichtigt, seine Enkelin vergewaltigt zu haben. Für den Prozess sind noch Verhandlungstage bis Ende November geplant.