Veröffentlicht inThüringen

Thüringen im Spar-Modus! Doch wird HIER Geld zum Fenster rausgeschmissen?

Krisen-Zeiten auch in Thüringen. Gespart wird, wo es nur irgendwo geht. Trotzdem klingeln HIER gerade die Kassen. Wie passt das zusammen?

Thüringen
Auf den Thüringer Herbstfesten – wie hier dem Oktoberfest in Erfurt – fehlt vom Spar-Modus bisher jede Spur. Foto: picture alliance/dpa | Martin Schutt

Die Energie-Krise hat fast alle von uns in der Mangel. Vielerorts lassen die Menschen in Thüringen bis weit in den Oktober hinein die Heizungen aus. Gespart wird, wo nur irgendwie geht. Da könnte man fast denken, dass auch für die Schausteller die nächste Flaute angesagt ist. Nach Corona wäre das natürlich besonders bitter für die Branche.

Auf den Herbstfesten in Thüringen erwartet die Besucher aber ein ganz anderer Blick. Von Spar-Modus scheint man hier noch weit entfernt zu sein – in mehr als einer Hinsicht.

Herbstfeste in Thüringen gut besucht

Am Mittag hat es geregnet. Die Pfützen sammeln sich noch hier und da auf dem Platz vor dem Erfurter Dom. In ihnen spiegeln sich die vielen kleinen Lämpchen des Fahrgeschäfts gegenüber. „Eine neue Runde, eine neue Runde“, hallt es. Es piept, trötet, schallt. Aber für wen? Fast alle Wagen sind leer. Nur vereinzelt laufen Jugendliche, Senioren und Eltern mit Kleinkindern vorbei. Ist das das neue Volksfest-Normal in einer von Krisen geprägten Zeit? Und müssen die Lampen dann überhaupt noch leuchten?

Der Karussell-Betreiber winkt ab. „Das ist vor allem dem Wetter geschuldet. Normalerweise ist es hier übervoll.“ Das deckt sich mit Berichten seiner Kolleginnen und Kollegen. Die Schaustellerbranche in Thüringen berichtet vor dem Hintergrund von Inflation und Energiekrise von durchweg guten Geschäften. Trotz steigender Preise sei der Zustrom der Menschen „ganz entgegen der Erwartungen“, sagt etwa der Vorsitzende des Thüringer Schaustellervereins, René Otto.

Thüringen: „Leute geben richtig Geld aus“

Die Menschen kämen aktuell „gerne und reichlich“. Das merke er aktuell in Gera selbst auf dem traditionellen Herbstfest mit 28 Ständen. Das berichteten aber auch durchweg alle seine 55 im Verein aktiven Kolleginnen und Kollegen. Auch auf dem Erfurter Oktoberfest sei von Sparen nichts zu spüren, erzählen gleich mehrere der knapp 50 Schaustellerbetriebe vor Ort.

Thüringen
Thüringen: Auch im Herbstvolksfest in Gera klingeln die Kassen – trotz Krisenzeit. Foto: picture alliance/dpa | Bodo Schackow

„Im Gegenteil – die Leute geben richtig Geld aus“, sagt Jens Koppitz, der mit seiner Ballwerf-Bude regelmäßig aus Lutherstadt Eisleben in Sachsen-Anhalt gefahren kommt. „Es ist, als ob sie uns neu entdeckt haben.“ Von der Frittenbude bis zum Riesenrad und dem Stand für Süßes: „Die Leute gönnen sich“, sagt eine Schaustellerin salopp. „Ich persönlich würde es mir aktuell zweimal überlegen.“ Aber fürs Geschäft sei es gut, sagt sie.

Steigende Preise bei den Schaustellern in Thüringen

Dabei sind die Preise fast überall um mindestens 50 Cent gestiegen. Das sei aufgrund erhöhter Standgelder, teurer Ware und gestiegener Stromkosten notwendig, heißt es. Und die Leute gehen mit. „Aber die Geschäfte wissen auch: Ein bestimmtes Preislevel darf nicht überschritten werden, sonst kommt keiner mehr“, sagt Otto.

Die Berichte decken sich mit dem Verständnis des Kulturbeigeordneten der Stadt Erfurt, Tobias Knoblich. Gerade in Anbetracht der aktuellen Krisen und Sorgen der Menschen sei es wichtig, das Volksfest stattfinden zu lassen, sagte er vorab. Das Erfurter Oktoberfest sei in diesem Jahr vor dem Aspekt nicht nur „ein ganz normales Oktoberfest, sondern ein wirklich wichtiges“. Volkskfeste als Ausgleich zu Frust und Sorgen.

Kaum Luft für Energiesparmaßnahmen

Damit sich auch wirklich alle amüsieren können, habe die Stadt in diesem Jahr die Strompreise nicht erhöht, sagt der für die Erfurter Volksfeste zuständige Marktleiter Sven Kaestner. Das solle die Preissteigerungen der Schausteller einschränken. Und sowohl in Gera als auch in Erfurt gibt es den 20 Prozent vergünstigten Familientag.

Viel Luft für Energiesparmaßnahmen sehen die Schausteller nicht. „Meine Lampen sind schon heute alle LEDs“, sagt Koppitz in Erfurt. Ebenso am Riesenrad und bei den Bratwürsten. Auch in Gera leuchten keine Stromfresser mehr. „Wie haben alle schon lange umgerüstet“, sagt Verbandssprecher Otto. So sei etwa der Stromverbrauch in Gera so weit verringert worden, dass ein zusätzlicher Transformator, den es bis vor einigen Jahren auf dem Festplatz gab, nicht mehr gebraucht werde. Auch achteten die Schausteller bei ihren Routen darauf, nicht mehr unnötig quer durchs Land zu tuckern.

Weihnachtsmärkte in Thüringen sollen stattfinden

Verbesserungsoptionen sieht er vor allem bei Städten und Kommunen. Es gebe Verträge, die eine durchgehende Beleuchtung vorschreiben. „Das Licht muss nicht sinnlos leuchten, wenn es hell ist“, sagt Otto. „Oder die ganze Nacht durch „weil es schön ist“.“ Dass erste Weihnachtsmärkte in Deutschland als Energiesparmaßnahme komplett abgesagt wurden, empfindet er allerdings als „reinen Aktionismus und Symbolpolitik“.

In Thüringen wurden nach Absagen und Einschränkungen im Vorjahr alle größeren Weihnachtsmärkte uneingeschränkt angekündigt. Die Schaustellerinnen und Schausteller begrüßen das. Das Weihnachtsgeschäft macht schließlich rund ein Drittel ihres Jahresumsatzes aus. Und man wolle die bisher positive Saison auch vernünftig abschließen.


Mehr News:


Unweit des Fahrgeräts in Erfurt, das sich unbeirrt im Kreis dreht und leuchtet und trötet, haben einige Buden ihre Dachbeleuchtung jedoch am frühen Abend noch aus. „Wir müssen ja nicht alle jetzt schon leuchten“, sagt ein Kassenwart. Mit den jeweiligen Kolleginnen und Kollegen sei abgesprochen, dass das Licht hier erst ein oder zwei Stunden später angeht – „für die Umwelt und wegen allem“, sagt er.