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Thüringen: Wird AfD-Höcke mit Trick zum Ministerpräsidenten? „Schlafwandeln ins Desaster“

In einer neuen Umfrage kommt die AfD nun schon auf 36,5 Prozent in Thüringen. Wie realistisch ist es, dass Höcke Ministerpräsident wird?

Björn Höcke könnte Ministerpräsident in Thüringen werden.
© IMAGO / Jacob Schröter, IMAGO / Panthermedia (Fotomontage)

Björn Höcke: der Rechtsaußen der AfD

Das ist Thüringens AfD-Chef

36,5 Prozent für die AfD! Das Institut Wahlkreisprognose sorgte zu Weihnachten mit einer neuen Umfrage zur Landtagswahl in Thüringen für ein Polit-Beben. Mit weitem Abstand wäre die Höcke-Truppe die stärkste Kraft im Parlament. Die Zahlen decken sich mit der jüngsten Erhebung von INSA. Dort kam die AfD im November auf 34 Prozent.

Das Undenkbare wird nun im Freistaat diskutiert: Kann Björn Höcke, dem man laut Gerichtsurteil einen Faschisten nennen darf, der nächste Ministerpräsident werden? Jetzt rückt eine mögliche Schwachstelle der Thüringer Verfassung in den Fokus der Debatte.

AfD in Thüringen stärkste Kraft: „Wachen in autoritärem System auf“

Innenminister Georg Maier (SPD) will, dass schnellstmöglich vor der Landtagswahl am 1. September 2024 die Landesverfassung angepasst wird. Eindringlich warnt er nun in der „Süddeutschen Zeitung“: „Ich habe manchmal das Gefühl, wir schlafwandeln in ein ziemliches Desaster hinein und wachen am 2. September in einem autoritären System auf!“

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Es geht um diese Regelung in der Thüringer Landesverfassung:

„Der Ministerpräsident wird vom Landtag mit der Mehrheit seiner Mitglieder ohne Aussprache in geheimer Abstimmung gewählt. Erhält im ersten Wahlgang niemand diese Mehrheit, so findet ein neuer Wahlgang statt. Kommt die Wahl auch im zweiten Wahlgang nicht zustande, so ist gewählt, wer in einem weiteren Wahlgang die meisten Stimmen erhält.“

Artikel 70 (3) der Verfassung des Freistaats Thüringen

Reformbedürftig sieht Maier diese Formulierung: „So ist gewählt, wer in einem weiteren Wahlgang die meisten Stimmen erhält.“ So kann ein Kandidat auch ohne eigenen Mehrheit im dritten Wahlgang zum Ministerpräsident gewählt werden. Es würden die meisten Ja-Stimmen reichen.

Durch diese Regelung wurde 2020 im dritten Wahlgang aus heiterem Himmel FDP-Kandidat Thomas Kemmerich mit 45 Stimmen zum Ministerpräsidenten gewählt. Bodo Ramelow erhielt 44 Stimmen, es gab eine Enthaltung. Die absolute Mehrheit lag bei 46. Kurz nach Kemmerichs Rücktritt wurde dann Ramelow im dritten Wahlgang als einziger Kandidat mit 42 Stimmen erneut ins Amt gewählt (23 Nein-Stimmen, 20 Enthaltungen).

Die AfD, die im neuen Parlament in Thüringen mehr als ein Drittel der Sitze besetzen könnte, hätte also eine theoretische Chance, einen Kandidaten durchzuboxen. So könnte sich Höcke mit einfacher Mehrheit durchsetzen, wenn sich CDU, Linkspartei, SPD und andere Parteien im Parlament nicht auf einen gemeinsamen Anti-AfD-Gegenkandidaten einigen können.

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Bundespräsident könnte AfD-Kanzler ohne Mehrheit stoppen

Im Grundgesetz gibt es eine strengere Regelung, die im Zweifelsfall dem Bundespräsidenten die entscheidende Rolle zuweist. Sofern es zu einem weiteren Wahlgang für das Amt des Bundeskanzlers kommt, gilt dieses Verfahren:

„Kommt eine Wahl innerhalb dieser Frist nicht zustande, so findet unverzüglich ein neuer Wahlgang statt, in dem gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhält. Vereinigt der Gewählte die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages auf sich, so muss der Bundespräsident ihn binnen sieben Tagen nach der Wahl ernennen. Erreicht der Gewählte diese Mehrheit nicht, so hat der Bundespräsident binnen sieben Tagen entweder ihn zu ernennen oder den Bundestag aufzulösen.“

Artikel 63 (4) des Grundgesetz

In diesem Fall muss der Bundespräsident als Staatsoberhaupt also beurteilen, ob er einen Politiker mit einfacher Mehrheit zum Bundeskanzler ernennt oder die Neuwahl des Bundestags einleitet. Extremisten kann damit das Kanzleramt versperrt bleiben.


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In Thüringen gibt es eine solche Sicherheitsklausel nicht. „Wir müssen die Verfassung wetterfest machen“, fordert der Innenminister Maier daher gegenüber der „SZ“. „Wir Demokraten müssen uns dem Kampf stellen, für den wir bislang noch schlecht gerüstet sind.“