Es sei ein Balanceakt gewesen, der ihm viel abverlangt habe, sagt Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow. Fünf Jahre regierte seine rot-rot-grüne Koalition ohne eigene Mehrheit.
Nun zieht er Bilanz. Und bei einer Sache ist sein Bedarf nach eigenen Angaben klar gedeckt.
Bodo Ramelow spricht Klartext
Thüringens rot-rot-grüne Minderheitsregierung ist nach Einschätzung von Ministerpräsident Bodo Ramelow ein Kraftakt, aber erfolgreich gewesen. „Was allein in den letzten Monaten noch an Gesetzen beschlossen wurde, das hätte ich nicht für möglich gehalten“, sagte Ramelow der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. Das Spektrum reiche von Qualitätsverbesserungen in Kindergärten über die Beteiligung der Kommunen an Windstromerträgen bis zu einem Lobbyregister. „Das zeigt, was möglich ist, wenn sich Parteien und Fachpolitiker im Interesse der Sache aufeinander zu bewegen.“
Ramelow verwies auf ein Novum in der deutschen Politik: Noch nie zuvor habe eine Minderheitsregierung wie die in Thüringen auch nur annähernd fünf Jahre lang gehalten. Rot-Rot-Grün hatte weder eine Tolerierungs- noch eine Duldungsvereinbarung, nur einen einjährigen Stabilitätspakt mit der oppositionellen CDU-Fraktion.
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„Jetzt hat der Landtag alles abgeräumt“
Der rot-rot-grünen Koalition, der eine starke AfD mit ihrem Rechtsaußen Björn Höcke gegenübersteht, fehlen im Landtag in Erfurt vier Stimmen für eine eigene Mehrheit. Sie war damit bei allen Projekten auf Stimmen oder Stimmenthaltungen vor allem der CDU-Fraktion angewiesen. Von Rot-Rot-Grün mitbeschlossen worden seien auch CDU-Vorlagen – jüngstes Beispiel sei ein Ehrenamtsgesetz, sagte Ramelow. Nach Angaben des Landtags wurden in der Legislaturperiode seit Ende 2019 insgesamt 271 Gesetze ins Parlament eingebracht, davon wurden 146 beschlossen.
Lange habe es das Gefühl in Thüringen gegeben, „dass wir nichts hinkriegen. Jetzt hat der Landtag alles abgeräumt. Das ist für Thüringen gut, für seine Bürger. Ich finde, da kann man mit großer Freude draufgucken.“ Trotz dieser positiven Entwicklung kurz vor der heißen Wahlkampfphase für die Landtagswahl am 1. September warnte Ramelow vor der Neuauflage einer Minderheitsregierung in Thüringen.
„Mein Bedarf an Minderheitsregierung ist gedeckt“
„Das ist ein schwieriges Konstrukt. Ich kann nur allen abraten.“ Immer sei die Regierung darauf angewiesen, dass eine Parlamentsmehrheit mitziehe. „Das schmälert Kontinuität und Verlässlichkeit. Mein Bedarf an Minderheitsregierung ist gedeckt. Das hat viel Kraft und Nerven gekostet und es gab mehr Beschimpfungen von außen und wenig Anerkennung und Lob.“ Ramelow räumte ein, dass wegen der oft langwierigen und strittigen Kompromisssuche zwischendurch der Eindruck von Stillstand entstanden sei. Ihm sei aber wichtig gewesen, die Regierung so zu führen, „dass keine neuen Verletzungen entstehen“. Die Koalitionspartner Linke, SPD und Grüne hätten unter einem enormen Druck gestanden – vor allem während der Corona-Pandemie. „Die ganze Bundesrepublik hat in dieser Zeit gelitten.“
Ramelow, der für die Linke erneut als Ministerpräsidentenkandidat antritt, sagte, sein Hauptziel sei, dass die AfD in Thüringen nicht das Sagen bekomme. „Ich kämpfe gegen keine demokratischen Parteien, ich kämpfe gegen die Veralltäglichung von Rechtsextremismus.“ Und er stehe weiterhin für Rot-Rot-Grün – derzeit in Umfragen allerdings weit von einer Mehrheit entfernt. Deutlich vorn liegt nach den vorliegenden Umfragen die AfD mit Werten um 30 Prozent, vor der CDU um 20 Prozent und Ramelows Linker mit 16 Prozent.
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„Ich werde Herrn Höcke keine solche Plattform geben“
Im Gegensatz zu seinem CDU-Herausforderer Mario Voigt lehnt Ramelow ein TV-Duell mit AfD-Chef Höcke ab. „Ich werde Herrn Höcke keine solche Plattform geben und damit ein Signal der Gleichrangigkeit senden. Man darf diesem Antidemokraten nicht diese Aufmerksamkeit schenken.“ Ramelow sagte, dass er bei Podiumsgesprächen, die Kammern oder Organisationen veranstalteten, auch mit dem AfD-Chef zusammentreffe. Einer Einladung zu einem Duell würde er aber nicht folgen. Die AfD ist in Thüringen seit 2021 vom Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextrem eingestuft und wird beobachtet. (dpa)