Anti-Pilgern auf dem Jakobsweg: Ich hasse Wandern!
Michael Tallai, Geschäftsführer der Mediengruppe Thüringen, zu der auch Thüringen24 gehört, hat seiner Frau zum Geburtstag eine Wanderung auf dem Jakobsweg in Spanien geschenkt. Das Problem ist, er mag Wandern gar nicht. Dies ist das Protokoll eines Leidensweges.
Jakobsweg, erster Tag:
Um das gleich zu Beginn klarzustellen: Ich hasse Wandern. Ich habe noch nie einen Sinn darin gesehen, irgendwo loszulaufen und nach vielen, vielen Kilometern an der gleichen Stelle wieder verschwitzt anzukommen. Im Zeitalter moderner Verkehrsmittel ist das ein reichlich antiquiertes Hobby. Meine Frau sieht das anders. Für sie ist Wandern das Größte. Verschärfend kommt hinzu, dass sie nicht nur einfach wandern will. Sie möchte – inspiriert von Hape Kerkeling – auf dem Jakobsweg wandern.
Nun hasse ich nicht nur Wandern, ich kann auch mit Pilgern nichts anfangen. Jeder kann glauben, woran er will, ich will jedenfalls nicht Pilgern. Und Spanisch spreche ich auch nicht. Alles zusammen vielleicht nicht die besten Voraussetzungen für eine einwöchige Wanderung mit der Ehefrau in Spanien.
Ein paar Bedingungen habe ich vorab gestellt: Ich übernachte nicht in Pilgerunterkünften. Ich verzichte auf alle Stempel, Zertifikate und sonstige Pilgernachweise. Und ich betrete keine Pilgerkirche. Sie hat es akzeptiert.
24 Kilometer pro Tag: Das muss die Hölle sein
Der Plan sieht so aus: Flug von Frankfurt über Madrid nach Santiago de Compostela. Von dort mit dem Shuttle zurück entlang des Jakobswegs – quasi entgegen der eigentlichen Route nach Sarria. Die 14.000 Einwohner zählende Stadt in Galicien liegt etwa 120 Kilometer östlich von Santiago de Compostela und damit außerhalb der 100-Kilometer-Grenze, hinter der Pilgern offiziell erst anfängt.
120 Kilometer in fünf Tagen, also 24 pro Tag. Für einen Wander-Profi vermutlich ein Witz, für mich die Hölle. Die ersten Pilger treffen wir bereits unmittelbar am Flughafen. Ein wenig Neid kommt auf. Die haben es hinter sich, ich vor mir. Alle tragen Wanderkleidung und haben Wanderstöcke. Ich habe keine Stöcke und eigentlich auch keine Wanderausrüstung. Angesichts meiner Abneigung habe ich bis zum Tag vor der Abreise passiven Widerstand geleistet – und mir dann doch eine Hose gekauft.
Aber spezielle Schuhe braucht kein Mensch. Außerdem, so haben es Freunde behauptet, müsse man die dann auch seriös einlaufen. Dafür fehlt mir die Zeit. Meine Frage, ob man stattdessen nicht auch einfach reinpinkeln könne, wurde überhört. Stattdessen gab es viele Blasenpflaster geschenkt.
Die Fahrt mit dem Shuttle nach Sarria dauerte eineinhalb Stunden bei Tempo 80. Diese Strecke ab morgen in fünf Tagen zu Fuß zurückzulegen, erscheint absurd. Daher ist die Aufgabe für heute Abend klar: Im Internet die Rufnummern der örtlichen Taxi-Unternehmen heraussuchen.