„Guten Abend. Mein Name ist Jürgen Elsässer und ich bin Deutscher“
AfD-Ortsverein hat Jürgen Elsässer und Martin Hohmann nach Kahla geladen
Etwa 80 bis 100 Zuhörer sind erschienen
Vor dem Veranstaltungsort protestieren Linke, SPD, CDU und DGB gemeinsam gegen die AfD
Der Klingelbeutel ist durch den Saal gegangen und enthält 485 Euro. Stopp. Martin Hohmann, Ex-Bundestagsabgeordneter und Ex-CDU-Mitglied legt noch 20 Euro drauf. 505 Euro sind damit zu Beginn des Abends im Rosensaal in Kahla gesammelt worden. Geladen hat der AfD-Ortsverband der kleinen Stadt südlich von Jena im Saale-Holzland-Kreis. Gekommen sind vor allem ältere Menschen, die Jürgen Elsässer sehen wollen. Mitgebracht haben sie ihren Unmut oder sogar Hass gegen Merkel, die Bundesregierung und natürlich die Flüchtlinge, den sie von den Rednern weiter füttern lassen wollen. „Die haben hier bei uns nichts zu suchen“, sagt eine Frau, bevor die Veranstaltung beginnt.
Bildergalerie: Protest in Kahla – Elsässer spricht auf AfD-Veranstaltung
Werbung für Bücher über „faschistische Rassenlehre“
Draußen, da stehen die Mitglieder des demokratischen Protestbündnisses von CDU bis Linke. Ein Mann, der als Gast zum AfD-Abend in den Saal will, beschimpft sie als Volksverräter. Männer mit tätowiertem Keltenkreuz und T-Shirts von der bei Rechtsextremen beliebten Marke Thor Steinar passieren die Gegendemonstranten unter den Augen der Polizei. Später positionieren sich die mit Muskeln bepackten Männer vor der Tür als Schutz der Veranstaltung. Landtagsvizepräsident Uwe Höhn (SPD) ist extra aus Südthüringen angereist, um zu den etwa 50 Gegendemonstranten zu sprechen, die vor dem Rosengarten auf einer kleinen Rasenfläche für Demokratie demonstrieren.
Drinnen, auf einem kleinen Tisch neben dem Eingang, liegen neben Flyern und Zeitungen der AfD auch Faltblätter des Parzifal Versandes aus Bottrop. Darin werden unter anderem Bücher des italienischen Rassentheoretikers Julius Evola mit klangvollen Namen wie „Grundrisse der faschistischen Rassenlehre“ oder „Julias Evola – im Schatten der SS“ angepriesen.
„Einprozent“ hängt Banner ab
Auf dem Podium sitzen Hohmann und Elsässer. Gastgeber Oliver Noak ist aufgeregt und stellt nur Elsässer vor. Der heutige Politaktivist sowie Verleger und Chefredakteur des extrem rechten Compact-Magazins war früher ein antideutscher Linksextremist. Das erwähnt Noak nicht. Heute, sagen Kritiker und Experten, bewege sich Elsässer im Spektrum des Nationalbolschewismus. Hohmann musste wegen antisemitischer Äußerungen die CDU verlassen. Auch das lässt Noak lieber weg. Trotzdem klingt Hohmann deutlich bürgerlicher als Elsässer, den Lautsprecher der Rechten. Vor der Bühne hängt ein Plakat von „Einprozent“. Als zwei Männer ein anderes Transparent mit der Aufschrift „Kahla erhebt sich gegen Asylmissbrauch“ daneben hängen, wird das Banner von „Einprozent“ plötzlich ganz schnell eingerollt.
Elsässer ist der Star des Abends. Selbst Uta Nürnberger, Vorstandsmitglied der rechtsextremen Vereinigung „Thügida“ sowie der Freiheitlich Patriotischen Alternative (FPA), die noch rechts von Thüringens Landeschef Björn Höcke steht, hat sich in der zweiten Reihe eingefunden, um ihn zu hören.
Elsässer warnt vor parlamentarischer Demokratie
„Guten Abend. Mein Name ist Jürgen Elsässer und ich bin Deutscher“, sagt der Mann mit den grauen Haaren, dem weißen Hemd und einer dunkelblauen Krawatte vor etwa 80 bis 100 Gästen. Mit Sakko könnte er Versicherungen oder Aktien verkaufen. Allerdings würde er sich dann vermutlich anders vorstellen.
Seine Thesen sind simpel, damit alle Zuschauer im Saal sie verstehen können: „Das Volk muss die Regierung austauschen“, Heiko Maas sei ein „Reichsjustizminister“, die Grünen-Vorsitzende Katrin Göring-Eckardt eine „dumme Kartoffel“ und „die AfD ist Opposition, alle anderen sind Regime“. Mit der parlamentarischen Demokratie kann Elsässer wenig anfangen. „Ich warne vor dem ganzen Modell Parlamentarismus, dass man denkt, mit Wahlen könne man etwas verändern. Wenn Wahlen etwas ändern könnten, dann wären sie verboten“, ruft er den Zuhörern entgegen, die begeistert klatschen.
AfD in Umfragen im Sinkflug
Kurz vor Ende seiner Rede nimmt der Verleger noch Bezug auf Höcke und seine Dresdner Rede. Ihm reichten 100 Grad in der Geschichtspolitik, macht Elsässer deutlich. „Wir wollen ja nicht alles umdrehen.“ Jedoch müsse man „manchmal 180 Grad sagen, um 100 zu bekommen“. Außerdem habe sich Höcke zu viel entschuldigt für sein Rede.
Trotz seiner Nähe zur AfD und seinen vielen Wahlaufrufen sagt Elsässer in Kahla, dass er froh sei, nicht in der Partei zu sein. Die Mitglieder müssten statt zu streiten eine Schicksalsbewegung gründen, denn Deutschland befinde sich in einem Schicksalskampf, so der rechte Verleger. Dass diese aber so schnell an einem Strang ziehen, ist eher unwahrscheinlich. In Thüringen ist eine stellvertretende Vorsitzende der Partei zurückgetreten aufgrund von inhaltlichen Auseinandersetzungen.