Immer neue Skandale: Ist Thüringen die Schweinehölle?
Verbrauchertäuschung? Peta kritisiert Tierquälerei in Schweinezuchtanlagen
Anzeigen gegen Mitgliedsbetriebe der „Initiative Tierwohl“
Mehrere Betriebe in Thüringen betroffen
Behörden sollen Tierhalteverbot verhängen
Schweinehölle Thüringen? Die Skandale um gequälte Tiere in Zuchtbetrieben des Freistaats nehmen kein Ende. 2015 deckten Tierschützer Verstöße in Agrarbetrieben auf, Ende April wurden furchtbare Zustände in einem Stall bekannt. Gegen den verantwortlichen Geschäftsführer, Ex-Bauernpräsident Klaus Kliem, wurde sogar ein Schweinehaltungsverbot verhängt. Politik und Veterinärämter bekommen den Mega-Skandal um Tierquälerei aber offenbar nicht in den Griff.
„Initiative Tierwohl“ eine Täuschung?
In sieben Thüringer Betrieben hat die Tierrechtsorganisation Peta zwischen Oktober 2016 und April 2017 Verstöße gegen das Tierwohl festgestellt und angezeigt. Besonders brisant: Einige der Unternehmen beteiligen sich an der „Initiative Tierwohl“, die mit dem Prädikat „tiergerechte Haltung“ wirbt. „Folgenschwere Verbrauchertäuschung“, nennt Peta die Zustände in den Ställen. Die Initiative bedeute kaum eine Verbesserung der Haltungsbedingungen.
Besonders betroffen ist von den Recherchen der Landkreis Greiz: In zwei Schweinezuchtanlagen in Arnsgrün und Zeulenroda-Triebes filmten Peta-Ermittler nach eigenen Angaben zahlreiche tote und verletzte Tiere sowie Sauen in viel zu engen Kastenständen. Gegen die Agrargenossenschaft „Oberland“ haben die Tierschützer deshalb Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Gera erstattet.
Peta: „Perfide Strategie“
„Mir ist offiziell nichts bekannt“, sagt Andreas Höfer, Vorstand der Agrargenossenschaft gegenüber Thüringen24. „Deshalb kann ich zu den Vorwürfen nichts sagen. Außerdem gab es in den letzten Wochen Kontrollen, die alle positiv ausgefallen sind.“ Zudem gelte die „Initiative Tierwohl“ nur für eine bestimmte Haltungsform – nämlich die Läuferaufzucht – nicht aber für den gesamten Betrieb.
„In dieser Intransparenz liegt das Problem“, sagt Dr. Edmund Haferbeck, Leiter der Wissenschafts- und Rechtsabteilung bei Peta gegenüber Thüringen24. „Die Initiative Tierwohl ist eine reine Marketingstrategie von Fleischlobby und Einzelhandel, um die Verbraucher zum sorgenfreien Fleischverzehr zu bewegen.“ Haferbeck hält dies für eine „perfide Strategie“, die unter dem Deckmantel des Tierschutzes Leid und Qualen bedeute.
Auch gegen die Agrargenossenschaft Großenstein (Landkreis Greiz) erstattete Peta Anzeige wegen Verstößen gegen den Tierschutz. Ebenso betroffen: Zwei Ställe der Urlebener Mast GmbH in Sundhausen und Urleben (Unstrut-Hainich-Kreis), ein Stall der Erzeugergenossenschaft Kleinschwabhausen in Lehnstedt (Weimarer Land) und die Anlage des Agrarunternehmens Holzthaleben in Helbedündorf (Kyffhäuserkreis). Unklar ist, ob die Betriebe auch mit der Tierwohl-Initiative werben. Die betroffenen Unternehmen waren für eine Stellungnahme am Mittwochnachmittag nicht zu erreichen.
Die „Initiative Tierwohl“ ist ein Zusammenschluss von Landwirtschaft, Fleischwirtschaft und Lebensmitteleinzelhandel, der seit 2015 „mehr Tierwohl in Schweine- und Geflügelställe“ bringen will. Dagegen bemängelt Peta in den Anzeigen „tierschutzwidrige Zustände“, „Verstöße gegen tierschutzrechliche Vorschriften“ und Ordnungswidrigkeiten und fordert die Ermittlungsbehörden auf, gegen alle fünf Betriebe ein Tierhalteverbot zu verhängen.